MFF Germany

Klimakolumne #28 Museums For Future beim Bodensee-Symposium

Alle zwei Jahre veranstalten die Landesverbände des ICOM Schweiz, Österreich und Deutschland ein Symposium in der Bodensee Region. Dieses Jahr war ICOM Deutschland Gastgeber. Drei Tage in Friedrichshafen, mit 250 Museumsmenschen, Vorträgen, Diskussionen, Workshops und Besichtigungen am SeeCampus der Zeppelin Universität zur Frage: „Wie politisch ist Museumsarbeit?“

Die Antwort nach den drei Tagen ist ein deutliches: Sehr!

Aber auf Anfang: Ben und Johanna, zwei unserer Mitglieder von Museums For Future waren nicht nur dabei, sondern mittendrin. MFF wurde von den ICOM Deutschland Young Professionals gefragt, ob wir mit einem gemeinsamen Workshop-Projekt auf den Call-For-Participation reagieren wollten. Das haben wir gemacht.

Ben: Wie war das nochmal am Anfang? Wie hat das alles angefangen?

Johanna: Die YP sind auf uns zugekommen und haben gefragt, ob wir uns nicht mit einem gemeinsamen Projekt beteiligen wollten. Wir sahen unsere Gemeinsamkeit in der aktivistischen Arbeit im Museum, also haben wir Ideen gesammelt und uns gemeinsam mit einem Konzept für einen Workshop beworben. Zuerst haben wir uns gefragt, was wir in dieser spezifischen Kombination beitragen könnten. Da ist die Sprache schnell auf den aktivistischen Aspekt gekommen. Und, dass die Kombination Museum und Aktivismus oft als schwierig wahrgenommen wird.

Ben: Stimmt, das merken wir auch oft bei Onboarding-Gesprächen in unserem MFF-Netzwerk,dass hier oft Unsicherheiten bestehen.

Johanna: Ich kann mich gar nicht mehr so richtig erinnern, ob wir dann lange überlegt haben, ob wir das machen oder nicht.

Ben: Ich glaube, wir waren uns schnell einig, dass wir mitmachen wollten. Bei MFF gehen wir ja davon aus, dass Museumsarbeit politisch ist, frei nach dem Motto alles ist politisch. Das ist Teil unserer Strategie. Da mussten wir nicht lange überlegen, nur Personal- und Zeitfragen klären. Du warst ja etwas mehr bei der Planung beteiligt. Was war das Konzept des Workshops?

Johanna: Darüber haben wir in der Vorbereitung auch gesprochen. Und es ist klar geworden, dass wir gern Hilfestellung leisten würden, um Berührungsängste abzubauen.

Ben: Wie verlief der Planungsablauf der Arbeit?

Johanna: Erst einmal haben wir uns überlegt, was wir gern für ein Ergebnis hätten, beziehungsweise wohin wir mit dem Workshop wollen. Im Gespräch ist dann klar geworden, dass es uns wichtig ist, dass die Menschen etwas Konkretes mitnehmen können. Gleichzeitig sollte es etwas sein, was für viele hilfreich ist. Und wir haben unsere eigenen Erfahrungen in solchen Kontexten verglichen, wobei uns aufgefallen ist, dass es vor allem die persönlichen Gespräche waren, aus denen wir oft am meisten mitgenommen haben. Wir haben uns dann gedacht, wir kommen diesem Ziel am nächsten, wenn wir mit einem kurzen Impulsvortrag beginnen und dann erst in Kleingruppen und schließlichgemeinsam als große Gruppe während des Workshops arbeiten. Du hast ja als Teilnehmer und Zeitwächter in einer Gruppe teilgenommen. Wie war das für dich?

Ben: Es gab drei verschiedene Tische, an denen die Teilnehmenden saßen, und ich weiß ja nicht, wie es bei den anderen Gruppen lief, aber bei uns war ich wirklich überrascht, wie wohlwollend und interessiert die Atmosphäre war. Es gab einem wirklich das Gefühl, alles offen sagen zu können und dass die verschiedenen Meinungen respektiert wurden. Andererseits spricht es sich von selbst, dass die Teilnahme an einem solchen Workshop eine gewisse befürwortende Haltung mit sich bringt.

Johanna: Wir hatten den Workshop ja mit der Intention geplant, aktivistische Positionen mit solchen aus dem Museumskontext zusammen zu bringen. Leider sind nicht so viele aktivistische Positionen vertreten gewesen, wie wir uns das gewünscht haben. Es hat einfach aus Zeitgründen nicht geklappt. Ich denke, dass wäre eine sehr spannende und wertvolle Ergänzung gewesen.
Credits: Johanna Sentef
Ben: Doch trotzdem hatte ja jede*r sehr unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema und ich fand es sehr interessant, gemeinsam darüber zu reflektieren, an welche Strategien und Herausforderungen bei Aktivismus in Museen gedacht wurde. Am Ende fühlte es sich so an, als hätten wir einen guten Katalog an wichtigen Eindrücken gesammelt. Ich bin gespannt auf den Report, den ihr als Zusammenfassung des Workshops aufbereiten werdet.

Johanna: Mir ist noch eine Sache aufgefallen. Wir haben die Gruppenphase mit der Frage eingeleitet: "Für welches gesellschaftlich relevante Thema würdet ihr euch einsetzen/ setzt ihr euch ein?” Die Antworten der Teilnehmenden waren alle sehr konkret, jede*r hatte ein Thema, für das er*sie sich einsetzt. Als wir dann etwas später danach gefragt haben, für welches Thema sich das Museum einsetzen könnte, sind die Antworten relativ allgemein geblieben.

Ben: Das war, glaube ich, auch ein bisschen der Zeit geschuldet, durch die vielen Erfahrungen auf diesem Gebiet. Spannend fand ich beispielsweise auch unseren Diskurs über die Sorge beim aktivistischen Arbeiten. Hierbei sprachen wir nicht nur über möglichen Verlust von Finanzierungen oder die Abkehr von traditionellen Interessensgruppen, sondern auch über immaterielle Schäden. Wie die Gefahr für Museumsmitarbeitenden besteht, wenn sie sich vermeintlich zu weit links positionieren würden. Es braucht also Mut! Das war ja auch die Essenz am zweiten Symposiumstag unter dem Titel „Brave-Place-Museen“.

Johanna: Stimmt, den Diskurs fand ich auch spannend. Am zweiten Tag wurde dann auch nochmal mehr auf die Strukturen am Museum eingegangen. Wie arbeiten wir dort und wie kann man dort arbeiten? Es ging auch viel um Transformationsprozesse und wie sie sich gestalten lassen. Gab es dort etwas, was dir besonders hängen geblieben ist?

Ben: Das war ein Workshop, den ich auch am zweiten Tag besuchte, über den Umgang von Museen mit Rechtsextremismus. Auch hier hatte ich das Gefühl, dass die Zeit viel zu gering war für das, was es zu sagen gegeben hätte. Viele Menschen hatten aus ihrem Alltag teilweise sehr berührende Geschichten zu erzählen, die mich noch stark beschäftigten, nachdem ich schon abgereist war.

Johanna: Stimmt, es gab einige sehr bewegende Vorträge, die ausgesprochen offen und mutig von Fehlern und auch Ängsten gesprochen haben. Und auch klar gemacht haben: die Museumsbranche spricht oft von Offenheit und davon, dass sie für alle da sein will, dass die Realität aber an vielen Stellen ganz anders aussieht und diskriminierend ist.

Ben: Auf der anderen Seite gab es aber auch Dinge, die mich mit einem besseren Gefühl zurückgelassen haben. Besonders spannend fand ich den Vortrag von Matthias Burzinski, der konkrete Grundvoraussetzungen besprach, der sich Museen bewusst sein müssen, um ein agiles Museum zu werden. Mir gefiel es dabei besonders, wie er ein Bild davon zeichnete, was diese Institutionen machen müssten und konkrete Anweisungen gab. Womit würdest du dich gern noch weiter beschäftigen?

Johanna: Beschäftigen würde ich mich gern mit noch weiter mit dem Deep Listening, ein Hör-Training, zu dem ich am zweiten Tag einen Workshop besuchte. Das war sehr spannend. Beim Tiefen Zuhören geht es auch darum, in Diskussionen eine faire Gesprächssituation zu schaffen, indem zum Beispiel bestimmte Gesprächsregeln einzuhalten sind. Was mich positiv gestimmt hat, war zu merken, dass grundsätzlich viele Menschen aus der Branche wissen, was es braucht. Ganz viel Mut. Und dass den auch schon einige haben, das hat sich an den tollen Projekten oder Prozessen gezeigt, die vorgestellt wurden. Wir müssen Mut haben, uns Dinge trauen und ins Handeln kommen.

Ein ganz herzliches und warmes Danke an die ICOM Deutschland Young Professionals. Das war toll mit euch!
Johanna Gebhardt und Ben Falkenberg
Klimakolumne