Es war einmal eine Stadt im Herzen Amerikas, in der alle Geschöpfe in Harmonie mit ihrer Umwelt zu leben schienen. Die Stadt lag inmitten blühender Farmen mit Kornfeldern, deren Gevierte an ein Schachbrett erinnerten, und mit Obstgärten an den Hängern der Hügel, wo im Frühling Wolken weißer Blüten über die grünen Felder trieben. Im Herbst entfalteten Eiche, Ahorn und Birke eine glühende Farbenpracht, die vor dem Hintergrund aus Nadelbäumen wie flackerndes Feuer leuchtete. Damals kläfften Füchse im Hügelland, und lautlos, halb verhüllt von den Nebeln der Herbstmorgen, zog Rotwild über die Äcker. (Carson 2019: 27)
Dann tauchte überall in der Gegend eine seltsame schleichende Seuche auf, und unter ihrem Pesthauch begann sich alles zu verwandeln. Irgendein böser Zauberbann war über die Siedlung verhängt worden: Rätselhafte Krankheiten rafften die Kükenscharen dahin; Rinde und Schaffe wurden siech und verendeten. Über allem lag der Schatten des Todes. Die Farmer erzählten von vielen Krankheitsfällen in ihren Familien. […] Es herrschte eine ungewöhnliche Stille. Wohin waren die Vögel verschwunden? (Carson 2019: 28)
Kein böser Zauber, kein feindlicher Überfall hatte in dieser verwüsteten Welt die Wiedergeburt neuen Lebens im Keim erstickt. Das hatten die Menschen selbst getan. (Carson 2019: 29)
„All das soll nicht heißen, dass es kein Insektenproblem gibt und es nicht notwendig ist, Schädlinge unter Kontrolle zu halten. Ich will vielmehr damit sagen, dass diese Kontrolle genau auf gegebene Tatsachen, nicht aber auf erdichtete Situationen abgestimmt sein muss und nur solche Bekämpfungsmethoden angewandt werden dürfen, die nicht zugleich mit den Insekten uns selbst vernichten.“ (Carson 2019: 35)
„Sind wir in einen hypnotischen Zustand verfallen, der uns das Minderwertige und Schädliche als unausweichlich hinnehmen lässt, so als hätten wir den Willen oder den Blick dafür verloren, das Gute zu fordern?“ (Carson 2019: 38)
Wir leben in einem Zeitalter von Spezialisten, von denen jeder nur sein eigenes Problem sieht und den größeren Rahmen, in den es sich einfügt, entweder nicht erkennt oder nicht wahrhaben will. Es ist aber auch ein Zeitalter, das von der Industrie beherrscht wird, in dem das Recht, um jeden Preis Geld zu verdienen, selten angefochten wird. Wenn die Öffentlichkeit protestiert, weil sie auf irgendeinen offenkundigen Beweis für die gefährlichen Folgen der Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln stößt, speist man sie mit kleinen Beruhigungspillen, mit Halbwahrheiten ab. Wir haben es dringend nötig, Schluss zu machen mit diesen falschen Versicherungen, die uns bittere Pillen durch einen Zuckerguss schmackhaft machen wollen. Schließlich verlangt man ja von der Allgemeinheit, dass sie die Risiken auf sich nimmt, die von den Leuten, die Insekten bekämpfen, berechnet werden. Das Volk muss entscheiden, ob es auf dem eingeschlagenen Wege weiterzugehen wünscht, und das kann es nur, wenn es alle Fakten genau kennt. (Carson 2019: 40)