MFF Germany

#5 Museen & die Bundestagswahl

Am vergangenen Wochenende war in Deutschland Bundestagswahl. Im Vorfeld hatten mittlerweile nahezu alle großen Parteien Klimaschutz in irgendeiner Form in ihren Wahlprogrammen zum Thema gemacht. Viele scheinen erkannt zu haben, dass die Klimakrise die Wähler*innen beschäftigt. Auch am Wahlabend betonten (fast) alle Parteivertreter*innen Klimaschutz als wichtiges Thema angehen zu wollen.Wie ernst das gemeint ist, zeigt sich allerdings erst in den kommenden Monaten und Jahren. Damit Klimaschutz kein leeres Wahlversprechen bleibt, braucht es eine kritische Öffentlichkeit. Auch Museen können dazu beitragen. Zwei Möglichkeiten haben wir dazu in dieser Klimakolumne gesammelt.

Aktivist*innen unterstützen
In der Deklaration von Museums for Future wurden vier Ziele formuliert, mit denen Mitglieder zur Unterstützung der Klimabewegung beitragen wollen. Ziel 3 fordert: Institutionen sollen sich so transformieren, dass sie bis 2040 klimaneutral sind. Ziel 1 lautet: Klimastreikende zu unterstützen.
Diese Reihenfolge ist nicht willkürlich, denn die traurige Wahrheit ist natürlich: Selbst, wenn alle Museen bis 2040 klimaneutral sind, ist die Krise nicht gestoppt. Selbst wenn magischerweise über Nacht alle Museen der Welt klimaneutral würden, wäre morgen die Klimakrise immer noch nicht überwunden. Um dieser “menschheitsdefinierenden” Krise zu begegnen und weiterhin Stabilität und Sicherheit zu ermöglichen, braucht es auch Lösungen, die deutlich allumfassender sind. Diese Lösungen müssen auch Maßnahmen beinhalten, die Sektoren transformieren, die einen deutlich größeren CO2-Abdruck haben. Bei den 100 Unternehmen, die 70 % der CO2-Emissionen produzieren, ist kein Museum dabei. Das bedeutet natürlich nicht, dass Museen einen Freifahrtschein bekommen. Das bedeutet, dass wir bei effektivem und schnellem Klimaschutz die großen Hebel im Blick behalten sollten. Gerade deshalb ist es so wichtig, Streikende zu unterstützen. Sie generieren Aufmerksamkeit für die wichtigste Aufgabe unserer Zeit und treiben den Wandel durch ihre Aktionen voran.
Hier ein paar Anregungen, wie Museen Aktivist*innen unterstützen können:
  • Laden Sie Streikende ins Museum ein
  • Stellen Sie den Aktivist*innen Leitungswasser, Toiletten und Sitzgelegenheiten zur Verfügung.
  • Ermöglichen Sie Teachs-Ins, Streikschilder-Basteln und Workshops
  • Bieten Sie den Veranstalter*innen Räume im Voraus an, damit sie diese in ihre Planung miteinbeziehen können.
  •  Bieten Sie Kinderprogramme parallel zum Streik an (auf diese Weise können Eltern am Streik teilnehmen).
  • Kommen Sie in Gespräch mit den Streikenden:
  • Was brauchen sie? Vielleicht kann deine Community oder du dies zu Verfügung stellen (Wichtig: Hören Sie zu warum sie sich Sorgen machen und engagieren)
  • Gebe den Streikenden eine Plattform
  • Kooperiere mit den Gruppen bei Ausstellungen und Veranstaltungen
  • Streiken Sie gemeinsam mit ihnen
Einige Museen haben diese Hinweise bereits umgesetzt und es werden wöchentlich mehr die diesen Beispielen und den bedürfnissen Ihrer Besucher*innen folgen Prominentes Beispiel in Deutschland ist das Museum für Naturkunde in Berlin. Seit 2019 unterstützt es die Streikenden der For Future-Bewegung. Jeden Freitag lud das Museum die Aktivist*innen zum Austausch ins Gebäude ein. Auch das Senckenberg Museum in Frankfurt am Main kam mit den Aktivist*innen bei einem Picknick ins Gespräch und ermöglichte den Austausch mit Wissenschaftler*innen. Gemeinsame Ausstellungen mit Fridays for Future-Gruppen entstanden beispielsweise im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven oder im Museum der Alltagskultur in Waldenbuch, einer Außenstelle des Landesmuseums Württemberg.

Im Museum kommunizieren und Bewusstsein schaffen
Streikende und die Fridays for Future-Bewegung bekommen in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit. Aber auch Museen haben eine sehr große Reichweite. In Deutschland besuchten 2017 über 114 Millionen Menschen ein Museum.[1] Auch wenn für das letzte Jahr keine Zahlen vorliegen, ist diese Zahl mit großer Sicherheit während der Corona-Pandemie zurückgegangen. Trotzdem: Museen werden als glaubwürdige Wissens- und Bildungsinstitutionen wahrgenommen.[2] Warum sollten diese ihre Plattform nicht nutzen, um über die Themen Klimakrise und Lösungen zu berichten? Vieles spricht dafür: 71% der Deutschen nehmen den Klimawandel als größte Bedrohung unserer heutigen Zeit war.[3] Unabhängig davon, wie man zum Thema steht; faktisch gesehen bewegt es die Gesellschaft. Wenn Museen gesellschaftlich relevante Ausstellungen machen wollen, warum nicht dieses Thema aufgreifen. (Allein aus marketingtechnischer Perspektive ist das sinnvoll 😉 ) Klimakrise und Nachhaltigkeit sind außerdem Querschnittsthemen, nahezu jedes Museum kann einen Anknüpfungspunkt finden. Das zeigt sich auch in aktuellen Ausstellungen. Naheliegenderweise greifen Naturkundemuseen das Thema auf. Aber auch Kunstmuseen, wie beispielsweise das ZKM in Karlsruhe oder kulturhistorische Museen, wie das Museum der Alltagskultur setzen daran an.
Manche Museen mögen sich vielleicht davor scheuen ein „so politisches“ Thema aufzugreifen. Allerdings ist der Klimawandel wissenschaftlich bewiesen, Museen sollten sich folglich nicht davor scheuen. Wen das immer noch nicht überzeugt, sollte einen kleinen Blick in die vergangene Klimakolumne zum Thema “Neutrale Positionen in der Klimakrise” werfen.

Natürlich reicht es nicht allein aus, dem Thema öffentlich Aufmerksamkeit zu geben. Veränderungen müssen auch konkret eingefordert werden. Viele Kommunen und Länder haben sich zu Klimazielen verpflichtet und diese juristisch verankert. Genau das können Museen für sich nutzen, denn wer nachhaltiger werden möchte, braucht Gelder und Mittel, um handeln zu können. Dazu mehr in der kommenden Klimakolumne.



[1] https://www.museumsbund.de/besuchsstatistik-fuer-museen-und-ausstellungshaeuser-fuer-das-jahr-2017-veroeffentlicht/
[2] Vgll. z.B. https://www.sueddeutsche.de/kultur/kulturgeschichte-letzte-kathedralen-1.4273788; https://www.bei-sh.org/files/Publikationen/2016_BEI_Fachtagung_Eine-Welt-im-Museum-2016_Dokumentation_web_www.BEI-SH.org.pdf
[3] Zahlen von 2017, Während der Pandemie überholte die Corona-Pandemie kurzzeitig https://www.unendlich-viel-energie.de/themen/politik/deutschen-sehen-klimawandel-und-seine-folgen-als-groesste-bedrohung
Klimakolumne