MFF Germany

Klimahaus Bremerhaven unterstützt Museums For Future Germany

Klimahaus Bremerhaven unterstützt Museums For Future Germany

Im Gespräch mit Annika Brieber (Klimahaus-Meteorologin, Ausstellungs- und Programmentwicklung)


Herzlich Willkommen bei Museums For Future Germany! Das Klimahaus® Bremerhaven ist seit November 2022 Mitglied von Museum For Future Germany. Wir haben Annika Brieber zum Gespräch eingeladen und freuen uns mehr über das Klimahaus® Bremerhaven zu erfahren und die Beweggründe, sich MFF anzuschließen. Gemeinsam schauen wir auf Vergangenes und blicken gespannt auf Pläne, die nicht nur Zukunftsmusik bleiben sollen.


Einstieg: Kurz und Knackig
Wir wärmen uns zum Einstieg auf, denn aufgewärmte Interviewpartner:innen sind uns lieber als zu stark aufgewärmte Planeten. Da sind wir uns einig!

Und so geht’s: Wählen Sie spontan einen der beiden angegebenen Begriffe als Antwort aus. Hier gibt es keine richtigen und falschen Antworten. Los geht es!

1.Wie windig ist es normalerweise in Bremerhaven?
“Föhn braucht hier keiner - da spart man gleich was an Energiekosten”
2.Wo ist Ihr “grüner” Lieblingsplatz in Bremerhaven? Sagen Sie uns auch kurz warum?
"Das Beet! Eine grüne Oase mitten in der Stadt, mit Essen, Trinken und Kultur im Freien… Perfekt für lange nordische Sommerabende."
3.Wenn Sie sich was zur nachhaltigen Mobilität für die Belegschaft des Klimahaus Bremerhaven wünschen könnten, was wäre das
"Segelboot-Sharing"


Danke! Jetzt geht es an’s Eingemachte: Kultur und Klima
Frau Brieber, wir freuen uns Sie und das Klimahaus® Bremerhaven offiziell bei MFF dabei zu haben! Wir sind schon sehr gespannt auf das Gespräch, aber auch eine spannende gemeinsame Zusammenarbeit. Lassen Sie uns also loslegen!
1.Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit - Was verbindet Sie mit Ihrer Arbeit am Klimahaus® Bremerhaven mit diesen beiden Begriffen?
"Im Klimahaus geht es auf eine Reise rund um die Erde. Die Ausstellung zeigt einerseits, wie schön, vielfältig und bewahrenswert unser Planet ist – also warum sich Nachhaltigkeit überhaupt “lohnt”. Zum anderen erfährt man auf der Reise entlang des alles verbindenden Längengrads 8°Ost, wie alles mit allem zusammenhängt. Klimaerwärmung und ihre Auswirkungen machen nicht an Ländergrenzen halt. So tragen die schmelzenden Arktis-Gletscher zum Meeresspiegelanstieg rund um Samoa bei, und die Menschen, die heute schon existentiell von Klimawandelfolgen betroffen sind, haben am wenigsten zu dessen Ursachen beigetragen. Wir als Klimahaus stehen bis heute mit den in unserer Ausstellung portraitierten Familien in Kontakt, durch ihre Lebensgeschichten werden abstrakte Konzepte wie Klima(un)gerechtigkeit plötzlich sehr greifbar."


2.Die Bremerhavener Erklärung zur Rolle von Museen bei der Bewältigung der Klimakrise ist bei Ihnen im Haus “entstanden” bzw. verabschiedet worden. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen?
"September 2020 haben wir bei uns im Klimahaus die internationale Fachtagung „How to…? Vom Klimawissen zum Klimahandeln“ veranstaltet. Dabei kamen “Klimahäuser” und Museen aus der ganzen Welt – wenn auch aufgrund der Corona-Pandemie teils nur virtuell – in Bremerhaven zusammen, um sich über ihre Erfahrungen in der Darstellung und Kommunikation von Klimathemen auszutauschen. Als Ergebnis aus den Diskussionen entstand am Ende die "Bremerhavener Erklärung zur Rolle der Museen bei der Bewältigung der Klimakrise". Die Erklärung wurde unter anderem von Mitgliedern der ICOM Working Group on Sustainability mitverfasst und wird dadurch auch von der ICOM unterstützt. Sie soll einerseits Museen aus allen Bereichen motivieren, sich mit der Klimakrise auseinanderzusetzen. Zum anderen ist sie ein Aufruf an politische Akteure, Museen bei dieser wichtigen Aufgabe zu unterstützen."


3.Bei Ihnen steckt das Klima im Namen und der DNA des Hauses. Wie und wieso ist das Klimahaus entstanden?
"Die Legende besagt, dass die Idee zum Klimahaus während eines Deichspaziergangs entstanden ist. Gar nicht so abwegig, denn auf dem Bremerhavener Deich ist man – egal bei welchem Wetter – den Elementen schutzlos ausgeliefert und bekommt ein Gefühl für die Macht und Faszination der Naturgewalten. Die in der Vergangenheit durch wirtschaftliche Krisen gebeutelte Stadt Bremerhaven erfand sich in den 2000er Jahren mit der Planung der “Havenwelten” neu. Mit dem Bau des Klimahauses bewiesen die Macher*innen den Weitblick, eine Attraktion zu schaffen, deren Mehrwert über die touristische Anziehungskraft hinaus auch in der Vermittlung eines zukunftsweisenden Themas lag, dessen Relevanz seit der Eröffnung 2009 immer weiter gewachsen ist."


4.Haben Sie ein kleines (oder großes) nachhaltiges Erfolgserlebnis oder ein Projekt, von dem Sie uns und den Leser:innen gerne berichten würden?
"Während der Corona-Pandemie haben wir unser Gastronomie-Konzept komplett umgestellt. Zwar wurde in unserem gastronomischen Angebot auch schon vorher auf Nachhaltigkeit geachtet, doch seit zwei Jahren wird bei uns nur noch vegetarisch und vegan gekocht (einziges Zugeständnis an den maritimen Standort: ab und zu kommen auch Fisch und Meeresfrüchte auf den Teller). Vorherige Bedenken, dass wir damit einen Großteil unserer 400.000 Besuchenden pro Jahr verschrecken und die Gastronomie-Umsätze einbrechen würden, haben sich nicht bewahrheitet. Das liegt unter anderem auch an unserer leckeren veganen Currywurst, den veganen Nuggets und den hervorragenden Pommes (ohne Palmfett). Auch bei Veranstaltungen wie Firmenevents im Haus kommt das vegetarische Buffet super an. Ich selbst bin eigentlich keine Vegetarierin, aber ernähre mich jetzt in der Mittagspause in unserem Restaurant ganz automatisch klimafreundlich. Und so geht es vielen anderen hier auch."


5.Das Klimahaus Bremerhaven hat mit seiner Wissenschaftskommunikation einen klaren Bildungsauftrag. Was denken Sie, welche Zielgruppe wir gerade jetzt noch erreichen müssen, damit wir wirksamen Klimaschutz in Deutschland schnell umsetzen können? Wie können wir das gemeinsam angehen?
"Die meisten Menschen sind ja prinzipiell offen für Klimaschutz, nur ist ihnen das Thema bisher zu abstrakt, zu weit weg oder zu “grün”. Museen und Ausstellungshäuser haben den großen Vorteil, dass sie nicht nur Menschen aus der “for-Future-”Bubble ansprechen. In unserem Fall kommen z.B. viele Nordsee-Tourist*innen, die ihren Cuxhaven-Urlaub mit einem Besuch im Klimahaus verbinden, aber auch jede Menge Schulklassen. Sie wollen bei uns eine Abenteuer-Reise um die Welt machen, sie freuen sich auf das Bibbern in der Antarktis, kommen in der Wüste ins Schwitzen, hören, wie “normale” Menschen und Familien von ihrem Leben und Klimawandelauswirkungen weltweit berichten – und sind hinterher ein wenig aufgeschlossener gegenüber Klimaschutz und politischen Entscheidungen zur Eindämmung der Klimakrise. Das ist zumindest unsere Hoffnung."






zu Gast