MFF Germany

#25 Warum Museen gegen Rechts sein sollten und was das mit Klimaschutz zu tun hat

Foto: Anna Krez
Der Januar fühlt sich für viele Menschen als der längste Monat des Jahres an. Kalt und nass versucht man sich zu den Vorsätzen aufzuraffen, die man zum Jahreswechsel vorfreudig und motiviert getroffen hat. Doch – wie in letzter Zeit so oft – wirken diese wenigen Wochen des neuen Jahres so erschöpfend wie die Monate zuvor zusammengenommen. Fast täglich gibt es neue Katastrophennachrichten, und einige davon sind nicht `irgendwo weit weg’, sondern sickern buchstäblich durch die eigene Haustür. Überschwemmungen in vielen Teilen Deutschlands und ein Geheimtreffen sind dabei nur zwei Beispiele, die große Schlagzeilen machten. Dazu dann möglicherweise noch Probleme bei der Arbeit, im Privatleben und obendrein eine Infektion mit Corona?
Doch wie so oft ist nicht alles schlecht. Es gibt eine Sache, die uns hoffnungsvoll stimmt: Die Anzahl an Menschen, die gegen Rechts auf die Straße gegangen sind und gehen. Ich kann für alle Ehrenamtlichen bei MFF Germany sprechen, wenn ich sage: ja, wir sind gegen Rechts, und ja, auch Museen sollten sich klar positionieren. Und ja: Das hat auch was mit Klimaschutz zu tun.
Ich bin ganz ehrlich: Eigentlich möchte ich nicht über die AfD schreiben. Doch ich muss, denn die jüngsten Nachrichten und die immer weiter steigende Zustimmung zu dieser Partei, die sich in Wahlumfragen abzeichnet, zeigen, dass niemand mehr still bleiben darf. Parteien wie diese gefährden nicht nur die Demokratie, sondern auch die sowieso schon viel zu langsamen Klimaanpassungen.
Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg schreibt, dass (rechts-) populistische und rechtsextreme Strömungen vielfach den menschengemachten Klimawandel leugnen und Klima- und Nachhaltigkeitspolitik für ihre Zwecke instrumentalisieren.(1) Zur Erinnerung: Die Landesverbände der AfD in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen sind vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft worden.(2)

Kommen wir also zum Klimaschutz, Fakten und Irrglauben im Kontext der AFD. Klimawissenschaftler*innen haben in einer überwältigenden Anzahl an Studien nachgewiesen, dass der menschengemachte Klimawandel real ist.(3) Dies fälschlicherweise anzweifelnd, stellt die AFD im September 2023 den Antrag „Freiheit statt Ideologie – Aufkündigung aller internationalen Klimavereinbarungen“(4) an den Deutschen Bundestag. Darin stehen zum Beispiel mehrere Irrglauben: Klimaschutz sei ein politischer Kampfbegriff, das Klima lasse sich nicht „schützen“, der menschliche Einfluss auf das Klima sei umstritten – es gäbe keinen wissenschaftlichen Konsens, welche Auswirkungen dieser auf das Klima hat. Diese Behauptungen basieren auf unterschiedlichen Trugschlüssen – wir halten es kurz und knapp: menschengemachter Klimawandel ist real – Klimaschutz ist möglich – Nein, das ist keine Ideologie – Der wissenschaftliche Konsens ist da.
Und für wen das noch nicht erschreckend genug klingt, kommen jetzt noch mehr wissenschaftlich Falschaussagen und in sich unstimmige, zu kurz gegriffene Argumente der AfD zum Klima:
„In jedem Fall ist jetzt der Gefahr durch Verarmung und wirtschaftlichen Verfall deutlich höhere Priorität einzuräumen als irgendeiner Klima-Fiktion – keines rechtfertigt die höchst zweifelhafte und praktisch ausschließbare Annahme, die sogenannten „Treibhausgas-Emissionen“ des Menschen würden bedrohliche oder gar unbeherrschbare Klimaänderungen hervorrufen, teils noch gefährlichere Situationen bei der Versorgung der Bevölkerung hervorzurufen oder zu begünstigen.“ (S. 2)
„Der Klimawandel, mehr noch dessen anthropogener Anteil, ist in dieser Hinsicht bislang jedenfalls nach Ansicht der Antragssteller kein relevantes Problem für die Menschheit.“ (S. 6)
Die AfD leugnet den Klimawandel zwar nicht explizit, doch es ist deutlich, dass sie die Folgen extrem verharmlost: Hitze und starke Niederschläge als Extremwetterereignisse würden die „verhältnismäßig geringsten Schäden“ hervorrufen, Menschen könnten Extremwetter immer besser vorhersehen und sich daher schützen. Die Todeszahlen seien stark zurückgegangen.
Es stimmt, dass Frühwarnsysteme viele Menschen schützen, doch es gibt sie längst nicht überall. 2023 war ein Jahr der Klimaextreme, wie die Max-Planck-Gesellschaft schreibt (5), hat viele Todesopfer gefordert, immense Sachschäden verursacht und auch bereits Kulturobjekte und Kultureinrichtungen beschädigt oder gar zerstört.

Ich möchte an dieser Stelle gerne an den letzten IPCC-Bericht erinnern (lesen Sie hier gerne die Zusammenfassung der Hauptaussagen nach), der 2023 veröffentlicht wurde. Also, Sie wissen schon: dieser Zusammenschluss von Expert*innen aus aller Welt, die die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Klimakrise zusammenfassen und für politische Akteure aufbereiten.

Doch zurück zur AfD: Das Geheimtreffen der AfD in Potsdam, das vom Rechercheverbund Correctiv enthüllt wurde, hatte zahlreiche Demonstrationen zur Folge. Insgesamt haben in Deutschland mehr als 900.000 Menschen am 20. und 21. Januar gegen Rechtsextremismus und für den Schutz der Demokratie demonstriert.(6)

Als Privatperson können wir zu solchen Demos gehen, doch was ist mit unseren Museen und Institutionen? In der Vergangenheit haben zahlreiche Institutionen an den Fridays For Future-Demos teilgenommen, warum also nicht auch jetzt? Oder warum nicht innerhalb der Museen deutlich werden, dass man Demokratie nicht so einfach hat, sondern dass diese gelebt werden muss? Museen sind Bildungsorte. Sie haben eine öffentliche Wirkmacht. Um glaubhafte, vertrauenswürdige Orte zu bleiben, müssen Museen die Erkenntnisse von Wissenschaftler*innen, wie denen des IPCC, weitervermitteln. In der Deklaration, welche die MFF-Mitgliedsmuseen unterschrieben haben, steht unter Punkt 2: „Wir beteiligen uns aktiv an der Vermittlung der wissenschaftlichen Prinzipien der Klimakrise […].“

Also lautet unser Appell an Sie: Kommen Sie ins TUN! Zeigen Sie, wie wertvoll die friedliche, auf Vielfalt und Toleranz basierende Demokratie ist, die über Jahrzehnte gewachsen ist. Zeigen Sie, dass wir zwar über Meinungen diskutieren können, aber Hass, Hetze und Falschinformationen nicht tolerieren können und werden.

Dieses Jahr stehen viele Wahlen an – Europawahl und Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – und angesichts vergangener Prognosen könnte die AfD bei den Landtagswahlen im Osten Deutschlands hohe Prozentwerte erreichen. Klären Sie mithilfe Ihrer Sammlungsobjekte auf, schaffen Sie Diskussionsräume…. Und falls Sie noch mehr Ideen benötigen, schauen Sie im Februar unbedingt in unser ‘Diorama’ hinein. Gemeinsam können wir Klimagerechtigkeit schaffen und Demokratie lebendig halten.
P.S.: Weil es oft gar nicht so einfach ist, mit Falschaussagen umzugehen, empfehlen wir auch hier auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum richtigen Widerlegen zurückzugreifen! Diese Publikation zahlreicher namhafter Universitäten zeigt, wie es gelingen kann. Und “klimafakten.de” spricht wohl für sich, aber falls Sie jemals einen kleinen Exkurs zu Klimafakten brauchen, schauen Sie hier rein. Und ganz neu und sicherlich spannend für alle Museen, die zum Klima kommunizieren möchten, gibt es seit kurzem die Akademie, bei der Sie und Ihr Team lernen können, wirksam über das Klima (und eben alles was damit zusammenhängt) zu sprechen: Auf Fakten basierend und mit Feingefühl zum Handeln bewegend.
Alia van den Berg
Klimakolumne