MFF Germany

#2 Museen & Mobilität

Den gesamten letzten Monat haben wir von Museums For Future Germany der Verbindung zwischen Mobilität und Museum gewidmet. Gestartet haben wir zunächst damit, uns selbst in Bewegung zu bringen – Mit der Gründung von Museums for Future Germany möchten wir das Bewusstsein für die Klimakrise und die Notwendigkeit Maßnahmen zu ihrer Milderung möglichst zeitnah umzusetzen noch stärker in der deutschen Kulturlandschaft sichtbar machen.
Zum Thema Mobilität bieten Museen zahlreiche Anknüpfungspunkte. Starten wir doch bei einem der fundamentalsten Dinge: dem Museumsbesuch selbst. Dieser beginnt nämlich nicht erst in den eigenen Räumlichkeiten. Besucher*innen, aber auch Mitarbeiter*innen, müssen auf irgendeine Art und Weise ins Museum kommen – im besten Falle möglichst emissionsarm. Dafür braucht es aber eine Infrastruktur und diese kann (und muss) von Museen als gesellschaftlichen Akteuren mitgestaltet werden. Dabei können die Lösungen genauso divers wie die Museen selbst sein: klimaschonend, multimodal und inklusiv – vom öffentlichen Nahverkehr, über ausreichend Platz für Fahrräder, Fahrradleihstationen und -ladesäulen. Oder wie wär’s mit freien/ermäßigten Eintrittskarten für Menschen, die mit dem ÖPNV oder einem Fahrrad anreisen?
Museen haben es selbst in der Hand ihre eigene Attraktivität in einem klimafreundlichen Zeitalter zu steigern. Dabei müssen sie wahrlich nicht bei Null anfangen; in nahezu jeder deutschen Stadt gibt es vor Ort Bürger*innen und Initiativen, die sich intensiv mit der Mobilitätswende auseinandersetzen. Laden Sie sich Engagierte ins Haus ein! Vielleicht sind auch einige Ihrer Mitarbeiter*innen schon in diesen Initiativen vertreten… und, wer weiß, vielleicht tun Sie nicht nur was für mehr Klimaschutz, sondern gleich auch für die Vernetzung mit alten und potentiellen, neuen Museumsliebhaber*innen.

Stellen Sie sich vor, wir würden alle Museen mit Radwegen verbinden. Würde das nicht ein ganz einzigartiges Erlebnis schaffen, das über den klassischen Museumsbesuch hinausgeht? Es muss darum gehen, heute mehr denn je, bisherige Vorstellungen von Museumsbesuchen und museale Verantwortung in Bezug auf Mobilität neu zu denken und die guten Ansätze, die bereits da sind, wirkungsvoll zu skalieren.

Auch in Bezug auf das Thema “Sammeln und Bewahren” spielt Mobilität keine zu unterschätzende Rolle. Sammlungen wachsen und mit ihnen auch der Platzbedarf – gleichzeitig sind angemessene Depoträume in Museen selbst Mangelware und vorhandene werden durch Temperaturanstiege (Dachdepots), aber auch das höhere Risiko von wetterbedingten Schäden (Fluten, Starkregenereignisse) ein stetig wachsendes Risiko für die Sicherung der Sammlungsobjekte. Sie merken, auch hier spüren wir schon deutliche Konsequenzen der Klimakrise. In den letzten Jahren sind vermehrt Außendepots entstanden und Objekte wie auch Mitarbeiter*innen damit zu vermehrter Mobilität “verpflichtet”. Wie oft organisieren Sie Fahrten zu möglichen Außendepots? Und das gesammelt oder nur an bestimmten Tagen? Ressourcenschonung geschieht bereits sicher bedingt durch finanzielle Gründe. Aber haben Sie schon mal versucht den CO2-Fußabdruck Ihres Depots mit allen Fahrten, Objekt- und Mitarbeiter*innenbewegungen zu bestimmen? 

Doch selbst immobile Objekte in unseren Ausstellungsräumen werden von Auswirkungen unserer Mobilität nicht verschont. Die immer weiter steigende Belastung der Luft etwa durch Feinstaubpartikel, Autoreifen-Abrieb und Stickoxide sorgt auch dafür, dass sich mehr Schadstoffe in den Innenräumen und auf den Objekten befinden können. Eine aktive Unterstützung der Mobilitätswende vor Ort wäre dementsprechend fast schon als zeitgemäßer Akt der Konservierung einzuordnen, von dem nicht nur unsere Objekte, sondern alle Menschen (in- und außerhalb) des Museums profitieren könnten.
Auch “Forschen und Ausstellen” gehören natürlich zu den zentralen Kernaufgaben eines Museums. Museumsmitarbeiter*innen und externen Partner*innen sollten zum Beispiel verstärkt nachhaltige und umweltfreundliche Möglichkeiten für Dienstreisen angeboten werden oder beginnen wir doch einfach mal dabei überhaupt ein CO2-Budget für diese zu kalkulieren. Wie das ganz praktisch geht, zeigte die Kulturstiftung des Bundes mit 19 Kultureinrichtungen mit ihrer Dokumentation von Klimabilanzen.

Sicherlich kommt man beim Thema Mobilität in Museen nicht am Leihverkehr vorbei, über den bereits viel diskutiert wird. Ohne in eine detailreiche Analyse und Argumentation abzudriften, lässt sich sagen, dass der Leihverkehr insgesamt und langfristig gesenkt werden muss. Was spräche dagegen, nur alle zwei Jahre mit einer neuen Sonderausstellung aufzuwarten oder Ausstellungsteile modularer zu denken? So hätten nicht zuletzt noch mehr Menschen die Gelegenheit sich diese anzusehen, bevor alle in dem meisten Fällen eigens dafür angefertigten Ausstellungsbauten wieder in Müllcontainern landen, als wäre nichts gewesen.
Der wirklich notwendige Leihverkehr muss möglichst emissionsarm erfolgen; finanziell muss schon jetzt ein Ausgleich in sinnvolle Projekte erfolgen und im vorgeplanten Ausstellungsbudget mitgedacht werden. In diesem Kontext wäre für Ausstellungsproduktionen auch ein vorab definiertes, maximales Kontingent an CO2-Ausstoß – vor allem für große Häuser – denkbar. Die museumseigene Sammlung könnte noch viel stärker genutzt werden, zumal sich Sammlungsarbeit in allen Institutionen als unerschöpfliche Aufgabe erweist und statistisch 90 % der Sammlungsbestände in den Depots verstauben. Für Restaurator*innen könnte dies mehr Objektarbeit bedeuten, für Forscher*innen neue Entdeckungen, für Museumsvermittler*innen neue Formate und für Kurator*innen neue Verbindungen zu schaffen. Schon jetzt gibt es einige tolle Beispiele, die sich in dem Zusammenhang nennen lassen.

© SMB / Juliane Eirich, 2021

Unter dem Motto “Museum in Bewegung!” hat etwa die Initiative lab.Bode ein neues Vermittlungsformat auf die Beine (oder vielmehr auf die Räder) gestellt. Inzwischen sind die “lab.Bode bikes” zu 30 verschiedenen Schulen in Berlin gefahren und haben in Zeiten der Pandemie mit Workshop-Formaten und didaktischen Materialien Vermittlungsarbeit neu gedacht. Das StadtPalais Museum für Stuttgart hat dem Mobilitätsthema mit “Feingestaubt” derzeit eine ganz besondere Sonderausstellung gewidmet und dazu u. a. auch den Radentscheid Stuttgart zur Diskussion geladen.


Unsere informellen Umfragen zum Thema Mobilitätswende in Museen über Social Media ergaben, dass teils sehr gute Ansätze da sind. In vielen Bereichen bzw. in Bezug auf Reichweite und Skalierung ist aber noch viel zu tun. Häufig gibt es noch unzureichend viele Fahrradstellplätze für Mitarbeiter*innen und Besucher*innen von Museen, kaum E-Bike Ladestationen und Kooperationen mit lokalen Akteuren sind ebenfalls in Ihrer Sichtbarkeit ausbaufähig. Schon mit kleinen Veränderungen lässt sich eine Sensibilität und Handlungswille der Museen für die Klimakrise zeigen. Wir müssen nur endlich gemeinsam in Bewegung kommen.

Anna Krez und Janette Helm
Klimakolumne